Der im Staatseigentum stehende Gasproduzent PGNiG zieht in Erwägung den 2022 endenden Vertrag mit Gazprom nicht mehr zu verlängern. Der Import beträgt 10 Milliarden Kubikmeter Gas, knapp Zweidrittel des polnischen Gaskonsums. Alternativen gibt es. Fragt sich nur, ob die Zeit ausreicht.
Gas aus Sibirien
1993 unterzeichneten Polen und Russland den Vertrag über den Bau der Erdgasleitung Jamal-Europa. Auf polnischem Staatsgebiet wurde 1999 die letzte Naht geschlossen. Die Gesamtlänge der Röhre beträgt 4196 Kilometer und durchquert Weißrussland, Polen und Deutschland (nördlicher Verlauf). Die Gasquelle befindet sich auf der Halbinsel Jamal in Sibirien. Die aktuellen Erdgaslieferungen wurden 2010 unter der Tusk-Regierung im Jamal-Vertrag auf 10 Milliarden Kubikmeter pro Jahr erhöht. Dieser Vertrag läuft 2022 aus. Nach dem Regierungswechsel 2015 verkündete der damalige Außenminister Witold Waszczykowski (PiS), dass Polen sich von den russischen Erdgaslieferungen loslösen will, da es dafür keine bessere Zeit gäbe. Diese Aussage bestätigte mehrmals der Chef von PGNiG. Die regierende PiS ist seit Anbeginn ihrer Regierungszeit auf Kollisionskurs mit der Russischen Föderation. Das Thema des Flugzeugabsturzes in Smolensk 2010 löst jedesmal anti-russische Emotionen aus.
Welche Alternativen gibt es?
Die eigene Erdgasförderung beträgt derzeit ca. 3,8 Milliarden Kubikmeter, in naher Zukunft will man sie auf 4 Milliarden anheben. Mit konventionellen Methoden kann PGNiG noch 98 Milliarden fördern. Hinzukommen 150 Milliarden Kubikmeter Schiefergas. Dieses Thema ist in Polen jedoch in den letzten Jahren untergegangen. Aktuell wird die Wirtschaftlichkeit der Förderung von Schiefergas überprüft.
Im Herbst 2022 soll über die Baltic Pipe das Gas aus Norwegen fließen. Die Liefermenge könnte dabei genauso hoch sein wie die der Jamal-Europa-Röhre. 2,5 Milliarden Kubikmeter würden die eigenen Gasfelder in Norwegen liefern. Der Rest müsste von anderen Produzenten aus Westeuropa stammen. Die Baltic Pipe könnte die wichtigste Spielkarte bei den neuen Verhandlungen mit Gazprom werden. So bewerten Experten zumindest die intensiven Arbeiten an der neuen Verbindungen. Dieses Projekt ist ausschlaggebend für die Entscheidung, ob der Vertrag verlängert wird oder nicht. Gazprom kritisiert die polnische Regierung für das Hinauszögern der endgültigen Verhandlungen.
Seit 2015 importiert Polen zudem Flüssigerdgas aus den USA und Katar. Das Flüssiggasterminal in Swinemünde (Swinoujscie) hat eine Kapazität von 5 Milliarden Kubikmeter, nach dem Ausbau 7,5 Milliarden.
Die genannten Quellen würden Polen von russischen Erdgaslieferungen loslösen oder zumindest zur Senkung des Gaspreises führen. Viel Zeit bleibt der polnischen Regierung nicht.
2019 ist auch Wahljahr in Polen. Im Mai findet die Europawahl und im Oktober die Parlamentswahl statt. Das wird sicherlich auch ein Thema während der Kampagne.
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