Mein deutsches Hirn hat sich nichts weiter gedacht, aber mein polnisches Herz war dann doch erregt, schlug immer schneller und musste mit einem Kurzen besänftigt werden. Im Duden wollte ich lediglich nachschauen, ob Wodka mit „W“ oder „V“ geschrieben wird oder vielleicht beide Varianten erlaubt sind. Und was sehen da meine Augen? Da steht tatsächlich drin, dass Wodka ein „hochprozentiger [russischer] Trinkbranntwein ist“. Und da ich im Duden Fremdwörterbuch nachgeschaut habe, steht natürlich auch die Herkunft des Wortes drin: [russ]. Das sehe ich aber anders!
Dieser Eintrag im Duden ist ein starker Schlag für die polnische Seele. Aus Kopernikus kann man locker einen Deutschen machen und seine Büste in der Walhalla bei Regensburg aufstellen. Aber dass das Wort Wodka unbedingt aus dem Russischen kommt? Vielleicht sogar noch der Wodka selbst!? Das geht dann doch etwas zu weit. Nicht alle werden mit diesem Beitrag einverstanden sein, wahrscheinlich alle, die östlich des Bug leben. Und der erste Wodka muss auch nicht sofort aus Polen stammen. Es kann aber nicht sein, dass man alles, was aus dem Osten kommt, einfach Russland zuordnet. Es gibt dort „drüben“ aus andere.
Wer hat´s zuerst gesagt?
Die erste historische Aufzeichnung des Wortes „wodka“ stammt aus der Gerichtschronik in Sandomierz. In dem Dokument wurde ein Landkauf aus dem Jahre 1405 festgehalten. Eine weitere Erwähnung taucht bei einer Auflistung des Besitzes der Stadt Dabrowka im Jahre 1437 auf. Das Wort war in der altpolnischen Sprache also schon vorher bekannt. Dabei ging es vordergründig nicht um ein alkoholisches Getränk, sondern um eine Art Teich oder Wasseraufbewahrungsanlage.
Hochprozentige alkoholische Getränke, die aus Roggen oder Weizen gebrannt wurden, nannte man hingegen gorzalka, was man heute als Branntwein übersetzen würde. In der altpolnischen Sprache bedeutete gorzec soviel wie brennen. Die gorzalkas waren anfangs nur Bestandteile der Wodkas, die in jener Zeit als Heilmittel behandelt wurden (sogenannte Heilungs- oder Duftwässer). Im 16. Jahrhundert wurden gorzalka und wodka zu Synonymen. Jeder gorzalka war somit auch ein Wodka.
Das 15., aber vor allem das 16. Jahrhundert, bezeichnet man in der polnischen Geschichtsschreibung als das Goldene Zeitalter. Die Königliche Republik Polen-Litauen (Personalunion 1386-1569 | Realunion 1569-1795) erreicht in dieser Zeit den Höhepunkt ihrer Entwicklung. Nach Moskau gelangte der Wodka relativ spät, aber höchstwahrscheinlich mit den polnischen Händlern. Russland war im 16. Jahrhundert Polen-Litauen politisch, kulturell und militärisch unterlegen. Das änderte sich erst nach 1650. Doch die Einführung des Wodka als Heilmittel und später als hochprozentiger Alkohol in den Wirtshäusern geschah zunächst auf den Gebieten Polen-Litauens, später erst auf russischem Gebiet.
Es gibt zahlreiche Dokumente, die klar feststellen, dass der Wodka nicht in Russland seinen Ursprung hat. (Sebastian Klonowic in Roxolania, 1584; Aleksander Brückner in Slownik etymologiczny jezyka polskiego, 1927; J. M. Zukow (Hrsg,.) in Historia Powszechna, 1966).
Die älteste Aufzeichnung in cyrillischer Schrift stammt von 1533 (Chronik von Nowgorod), doch erst in einer der ersten Rechtsakte in Russland, wo das Wort Водка im Kontext des hochprozentigen Getränks benutzt wurde, stammt von 1649.
Das geschlossene „U“
In der polnischen Sprache gibt es noch den sehr eigentümlichen Buchstaben ó, welcher wie ein u ausgesprochen wird. Es ist ein geschlossenes U. Im polnischen Wort wódka taucht dieser Buchstabe auf und daher spricht man in Polen fonetisch von [vutka].
Wer hat´s erfunden?
Es bleibt natürlich noch die Frage, wer den ersten Wodka gemacht hat. Und hier möchte ich mich nicht zu weit herauslehnen. Die Destillationskunst stammt aus einer ganz anderen Ecke der Welt. Die Araber brachten nicht nur das Wort Alkohol nach Europa, sondern auch den Alembik, und sie destillierten schon mindestens im 8. Jahrhundert. In Polen wurden erst im 15. Jahrhundert erste gorzalkas gebrannt. Ich würde den ersten Wodka nicht notwendig einer konkreten Nation zuweisen, so wie Nikolaus-Mikolaj Copernik-us keiner konkreten nationalen Identifikation bedurft. Aber beim sprachlichen Gebrauch darf man dann doch etwas streiten. Oder will sich jemand dazu äußern?
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