Aktualisiert: 31.03.2019
Die Lehrerschaft im zentralistisch regierten Polen bereitet sich auf einen landesweiten Streik vor. Die Gewerkschaft der Polnischen Lehrerschaft (ZNP) möchte vor Beginn des Protestes ein Referendum in allen Schulen durchführen. Bei einem positiven Ergebnis beginnt der Arbeitskampf am 8. April 2019. Mitten in der Abitursaison. Die Forderungen sind klar. Mehr Geld.
Inhalt
Wann gehts los?
Bis zum 25. März haben die Schulen Zeit eine gemeinsame Entscheidung zu fällen. Die Frage ist einfach: Bist Du bei Nichterfüllung der Forderung hinsichtlich der Erhöhung des Grundlohnes von Lehrern, Erziehern, anderen pedagogischen Angestellten und Angestellten ohne Lehreretat um 1000 PLN mit Ausgleich ab 1. Januar 2019 für die Durchführung eines Streiks beginnend am 8. April? Bisher gibt es keine Informationen, dass auch nur eine Schule dagegen war. Die Das polnische Schulsystem wird also am 8. April lahmgelegt. Betroffen sind Schulen, Grundschulen und weitere Bildungseinrichtungen. Gestreikt wird bis zum Abruf. Es kann sich auch um Wochen handeln. Voraussetzung für eine gültige Abstimmung sind die Ergebnisse von mindestens 50 Prozent der Schulen bei gleichzeitig mindestens 50-prozentiger Wahlbeteiligung der Lehrer einer jeden Schule.
Die ZNP geht davon aus, dass ca. 80 Prozent aller Bildungseinrichtungen in ganz Polen an dem Streik teilnehmen werden.
Aktualisierung: Die Verkündung des Ergebnisses ist bis heute nicht erfolgt. Erste Gespräche mit der Regierung sollen am 1. April stattfinden. Dann soll auch das Abstimmungsergebnis verlautet werden.
Die Forderungen
Ich appeliere an die Lehrer, dass sie bei ihren Schülern bleiben
Jeder Lehrer soll 1000 PLN mehr Grundlohn erhalten. Der Ministerpräsident Morawiecki ist bisher sehr zurückhaltend. Präsident Andrzej Duda hingegen sagt, dass die Forderungen gerechtfertigt sind, doch könne sich der polnische Staat solche Erhöhungen derzeit nicht leisten. Zudem sei die Forderung in der aktuellen Situation (lies: Europawahlen im Mai, Parlamentswahlen im Herbst) politisch motiviert und populistisch. Der Anstieg des Grundlohnes könne nur Etappenweise erfolgen. Der Innenminister Joachim Brudzinski hingegen betont, dass jeder zwar das Recht hat höhere Löhne zu fordern, aber nicht auf Kosten „unserer“ Kinder.
Das ist eine Anspielung auf die im Frühling stattfindenden Abiturprüfungen. Er wendet sich weiterhin an das Gewissen der Lehrer und macht sie jetzt schon für die Störung bei der Durchführung oder gar Unmöglichkeit der Durchführung verantwortlich. Die Bildungsministerin appelierte an die Lehrerschaft, sie mögen doch bei den Schülern bleiben.
Wir waren, sind und bleiben bei den Schülern, auch dann, wenn Sie Ihre Wahlkampagne zum EU-Parlament beenden (gemeint ist die Bildungsministerin A. Zalewska – Anmer. MW)
Die ersten große Riße zwischen der Regierung und der Gewerkschaft kamen am 10. Januar ans Tageslicht. Die Regierung scheint gegen groß angelegte Streiks hilflos. Nach der Verteilung von Sozialgeldern in Milliardenhöhe ermuntert sie im Prinzip weitere (sehr) schlecht bezahlte Gruppen zu solchen Maßnahmen. Im Dezember 2018 fand ein landesweiter Streik der Polizisten statt. Zunächst entluden die Polizisten ihren Frust bei einer Demonstration in Warschau, später ließen sie sich massenhaft Krankenscheine ausstellen. Auch die Angestellten im Gesundheitssystem bereiten sich auf eine größere Aktion vor. Allen diesen Gruppen wurden Erhöhungen versprochen. Bisher ist davon nicht viel in die Tat umgesetzt worden.
Mehr als 500 000 Streikende
Wenn bis zum 8. April nichts von Seiten der Regierung unternommen wird, werden ca. 500 000 Lehrer und Pedagogen den Lehrerstreik beginnen. Insgesamt gibt es in Polen 720 000 eingestellte Lehrer.
Die Polen kommentieren den geplanten Arbeitskampf mit gemischten Gefühlen. Die meisten unterstützen die Lehrer, schließlich geht es um die Erziehung ihrer Kinder. Auf der anderen Seite gibt es auch viele Gegenstimmen, denn würden die „faulen Säcke“ (lies: Lehrer) nichts tun und nebenbei viel einsacken. Auch hätte die Lehrer doch soviel Freizeit und Urlaubstage.
Die Schüler hingegen sind enttäuscht, dass die Erwachsenen ihre Streitigkeiten auf den Schuldern ihrer Kinder austragen. Schließlich ist das ihre wichtigste schulische Prüfung. Am 10. April sollen die Gymnasialprüfungen, am15. April die Prüfungen der Achtklässler und im Mai schließlich die Abiturprüfungen stattfinden
Krisenstab in Warschau einberufen
Der Stadtpräsident Rafal Trzaskowski hat sogar einen Krisenstab einberufen. Es werden kostenlose Hotlines für die Eltern eingerichtet, mehr Polizeipatrouillen organisiert und die Kulturzentren, Bibliotheken und Sporteinrichtungen werden auf einen Ansturm der Kinder vorbereitet. Der Krisenstab soll die Verpflegung der Kinder in den Schulen garantieren. Die Stadt Warschau geht davon aus, dass 80 Prozent der Schulen am Lehrerstreik teilnehmen werden.
Beitragsbild: Demonstration in Warschau | ©Bartek Kucharczyk [CC BY-NC 2.0]
Vermutlich ist es das Dilemma, Löhne und Gehälter sind in Polen wie im Sozialismus, Unternehmergewinne wie im Kapitalismus. Das gilt selbst für den Kleinstunternehmer.
Beispiel, für ein Apartment in Kołobrzeg zahlte ich 150 ZL für Endreinigung. Das muss ich in Deutschland auch bezahlen. Nur in Deutschland bekommt aber die Putzfrau vermutlich mindestens das Doppelte. Also bleibt dem Kleinunternehmer, der den Putzdienst macht, viel mehr Geld. Sieht man dann an dem dicken Auto das er fährt.