Wenn die Handys sprechen
Die Firma Selektivv hat anhand der Daten und Gewohnheiten der Handybesitzer in Polen herausgefunden, dass sich in Polen mindestens 1,27 Millionen Ukrainer dauerhaft aufhalten. Die östlichen Nachbarn stellen die Handysprache auf Ukrainisch um und melden zudem einmal im Jahr die Nummer in der Ukraine an.
Erfasst sind jedoch meistens keine Kinder und Personen über 60 Jahre. Die Gesamtzahl der Ukrainer wird auf ca. 2 Millionen geschätzt. Genaue Zahlen lassen sich nicht bestimmen.
Bei 1,27 Millionen Einwanderern sind 3,5 Prozent der Bewohner Polens ethnisch Ukrainer. Zieht man von den 38 Millionen Polen noch die mindestens 1,5 Millionen Polen ab, die vor allem in Westeuropa leben, ist der Anteil entsprechend höher.
Vier Untergruppen
Weitere Analysen der Firma ARC Rynek i Opinia (ARC) haben ergeben, dass sich diese Einwanderergruppe in vier große Gruppen einteilen lässt:
38 Prozent wollen in Polen bleiben, sie sind gut integriert, sprechen zumeist gut Polnisch, schauen kaum Fernsehen, lesen dafür regelmäßig polnische Internetportale.
21 Prozent kommen nach Polen nur für die Arbeit, machen gerne Überstunden und schicken den größten Teil des verdienten Geldes nach Hause, in die Ukraine. Diese Menschen wollen ebenfalls in Polen bleiben.
10 Prozent sehen in Polen ein Transitland. Sie kommen hauptsächlich für ein Studium. Danach entscheiden sie sich zumeist für eine Weiterreise, hauptsächlich nach Westeuropa.
7 Prozent der Ukrainer sind schlecht oder nicht integriert, die Sprachkenntnisse sind sehr schlecht und sie schämen sich zudem ihrer Herkunft.
Andere Bedürfnisse, andere Produkte
Die Ukrainer in Polen haben oftmals andere Bedürfnisse, auf die der Markt sehr schnell reagiert hat. Allen voran waren es die Handybetreiber, die ihre Produkte in ukrainischer Sprache anbieten. Da der Kontakt mit der Familie und Freunden die höchste Priorität hat, war der Ansturm entsprechend stark. Heyah (gehört T-Mobile) und Play versorgen mittlerweile 80 Prozent der in Polen lebenden Ukrainer mit ihren SIM-Karten.
Auch Fernsehapps, Online-Geschäfte und Banken schaffen gesonderte Angebote, um die neu entstandene Marktlücke zu schließen. Vor allem die Banken hoffen auf hohe Profite. Die ukrainische Nationalbank spricht von 3,6 Milliarden Dollar Transaktionsvolumen zwischen Polen und der Ukraine im Jahre 2018. 2015 waren es 1,4 Milliarden Dollar.
Insgesamt brachten die Ukrainer 7,5 Milliarden (2016) Dollar nach Hause. 2018 waren es schon 11 Milliarden. Das sind 10 Prozent des ukrainischen Bruttosozialproduktes und 4,5 Mal mehr als die Gesamthöhe der Auslandsinvestitionen in der Ukraine.
Das transferierte Geld fehlt der polnischen Wirtschaft, doch dafür schicken die Polen ja auch reichlich Euro aus Westeuropa nach Polen. Am Ende geht die Rechnung also auf.
Beitragsbild: Ukrainian underground von spoilt-exile via flickr [CC BY-SA 2.0]
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