Zu meinem zehnjährigen Jubiläum meiner Auswanderung zurück nach Polen erhielt ich eine Mail von Nicolas Kreutter, der den sehr erfolgreichen Podcast EINFACH AUSSTEIGEN – Der Auswanderer Podcast führt. Jeden Mittwoch gibt es „inspirierende Stories von Menschen, die ihr altes Leben in Deutschland aufgegeben haben, um in ihrem Traumland neu zu starten.“ Nach über 120 Folgen gab es niemanden, der über sein neues Leben in Polen berichtet hatte. Diese Ehre kam nun mir zu. Nicolas nannte meine Auswanderung gelungenerweise Rückwanderung aus Deutschland nach Polen. Nachdem ich als Kind nach Deutschland ausgewandert bin, kehrte ich 23 Jahre später als Erwachsener in meine Wahlheimat zurück.
Den Link zum Gespräch über meine Auswanderung nach Polen gibt es unten im Beitrag.
Die deutsche Auswanderer-Kleingruppe
Das Thema der Auswanderung aus Deutschland in die weite Welt scheint in den letzten Jahren auf immer größeres Interesse zu stoßen. Ich dachte eigentlich immer, dass die Deutschen grundsätzlich nur als Rentner auswandern und ihre letzten Lebensjahre im warmen Süden verbringen. Als ich noch in Deutschland lebte (1989-2013), hörte ich sehr selten, dass jemand seine Klamotten gepackt hat, um sein Glück anderswo zu versuchen. Meine endgültige Auswanderung 2013 stieß dahingehend auf Verwunderung, schließlich bot Polen damals keine sozialen Sicherheiten oder hohe Verdiestmöglichkeiten. Doch die Zeiten ändern sich und das ausnahmslos. Nicht nur wandern die Deutschen immer öfter aus, sondern auch immer öfter nach Polen. Eine soziale Absicherung gibt es in Polen weiterhin nicht, aber verdienen und Karriere machen ist nun ein Motivationsfaktor. Selbstverständlich ist das nichts Neues. Als Beispiel sei Karl Wedel genannt, der 1851 in Warschau das Schokoladenunternehmen E.Wedel gründete, nachdem er zuvor aus Berlin ausgewandert ist. Neu ist jedoch, dass es damals nur Einzelpersonen waren. Heute kann man schon von einer sichtbaren Kleingruppe sprechen. Ich gehöre unweigerlich dazu.
Nun sind es schon 10 Jahre
Vor vielen Jahren schrieb ich in diesem Warschau-Blog einen meiner ersten Beiträge über das Auswandern. Der Titel lautet „Auswandern nach Polen? Warum nicht?“ Allein die Fragezeichen lassen darauf schließen, dass es Versuch war sich zu „erklären“. Es war damals eine Herzensentscheidung, aber der Verstand war damit nicht ganz einverstanden. Wie oben erwähnt, war die Verwunderung über meine Rückkehr nach Polen damals sehr groß. Gewundert haben sich meine deutschen wie polnischen Freunde, meine Familie in Deutschland und Polen sowie gefühlt alle Deutschen und Polen. Wenn nahezu das ganze Umfeld einem sagt, dass das „vielleicht nicht die beste Idee“ ist, dann kommt man ins Grübeln.
Nun sind 10 Jahre vergangen. Ich sitze mitten in der Warschauer Innenstadt, habe eine Warschauerin geheiratet, führe ein Tourismusunternehmen und berichte über „die beste Entscheidung meines Lebens“. Träume werden tatsächlich wahr.
Aus „Warum?“ wird ein „Wie?“
Meine Auswanderergeschichte ist nicht mehr so exotisch wie anfangs. Damals war es bei jeglichen Treffen mit Freunden und Bekannten ein großes Thema. Alle fragten stets nach dem Warum? Schließlich bin ich aus einem der reichsten Länder der Welt in ein sympathisches, aber nicht notwendigerweise wohlhabendes Land gezogen. Seitdem hat sich viel verändert. Immer öfter bekomme ich Mails, die nach Tipps, Erfahrungen und Möglichkeiten in Warschau und anderen Städten fragen. Ich habe das Gefühl, dass das Thema der Auswanderung nach Polen seinen Charakter verändert hat. Aus dem Warum? wurde das Wie? Die Geschichte meiner Auswanderung ist interessant, aber sie löst kein Erstaunen mehr aus.
Heimat schafft Dynamik
Das Gespräch mit Nicolas war eine sehr schöne Erfahrung. Und dennoch bin ich nach solchen Unterhaltungen stets unzufrieden mit meinen Antworten. Vielleicht ist es der perverse Drang bei allen Antworten alle nur möglichen Einzelheiten auch nur zumindest im Ansatz zu erwähnen, was womöglich die Konsequenz meines jahrelangen Jurastudiums in Deutschland ist. Bestimmte Gewohnheiten kann man sich einfach nicht abgewöhnen. Ich bin mit meinen Antworten unzufrieden, weil das Thema der Auswanderung so viele verschiedene Aspekte des alltäglichen Lebens betriff und man schafft es nicht alles präzise genug zu formulieren. Auswanderer, mich mit eingeschlossen, behandeln das Thema vielleicht zu repräsentativ, obwohl es ein sehr subjektives Erlebnis ist. Meine Lieblingsantwort auf die Frage „Was muss man bei der Auswanderung beachten?“ ist „Sieh zu, dass du viel Glück dabei hast“. Ich hatte jede Menge Glück, vor allem habe ich die richtigen Menschen hier getroffen. Das könnte ein Grund dafür sein, dass ich vorsichtig in meinen Bewertungen bin und zugleich jedem nur raten kann auszuwandern, wenn es das Herz so will. Deswegen ist jede Auswanderung oder Rückwanderung unbedingt gesondert zu betrachten. Meine Tipps und Ratschläge können daher auch zu Fehlschlägen führen. Nur eines weiß ich ganz genau: wenn dein Herz nicht will, dann bleib lieber da, wo du bist. Denn Dynamik entsteht nur da, wo dein Zuhause ist.
Alles Weitere gibt es im Podcast zu hören. Viel Spaß dabei!
Die Folge mit mir als Gast im Podcast gibt auf mehreren Kanälen:
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Oder über die Webseite von Nicolas Kreutter: https://nicolas-kreutter.com/
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