Wirtschaft

Trotz schwieriger politischer Lage fließt das Auslandskapital nach Warschau und Polen

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Aktualisiert am 20.02.2019

Die politische Situation in Polen ist seit der Präsidentschaftswahl im Frühling 2015 und vor allem seit der Parlamentswahl im Herbst 2015 nicht gerade zufriedenstellend – wenn man es mal vorsichtig ausdrücken darf. Doch die Wirtschaftsdaten sind dennoch positiv, die Arbeitslosenquote sinkt in die Tiefe und die Städte erleben einen bisher nie dagewesenen Entwicklungsschub. Hier merkt man, wie gering der Einfluß die Politik auf den privaten Sektor in Polen hat. Und das heißt: Das Geld fließt weiter!

Registrierungszahlen sind eindeutig

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 © MeinWarschau [CC BY-SA 2.0]

Im 1. Quartal 2017 wurden 1900 Firmen mit Auslandskapital in die landesweiten Firmenlisten eingetragen. Vor einem Jahr waren es 1700 Firmen. Der Vergleich zu 2015 (1600) zeigt eine deutliche Steigerung. Auch die Höhe der Kapitalanlage ist enorm angestiegen. Von 57 000 PLN im Jahr 2016 auf 97 000 PLN 2017. Doch nur 21 Firmen hatten ein Kapital von mindestens einer Million PLN. Diese Zahlen bezeugen, dass Polen weiterhin sehr attraktiv für Investoren ist, obwohl in den letzten 18 Monaten zum Teil sehr kuriose Nachrichten über das polnische Politikleben um die Welt gingen. Die ausländischen Firmen oder Privatpersonen mit hohem finanziellen Überschuß würden ihr Geld nicht auf den polnischen Markt pumpen, wenn sie ihrer nicht sicher wären. Denn Business ist Business – das Geld fließt nur, wenn dabei Gewinne herauskommen und man sich dieser auch sicher sein kann.

Das heißt nicht, dass die Politik keinen Einfluß auf das Investitionsklima hat. Diese positiven Zahlen hätten dieses Jahr nämlich noch besser ausfallen können, wenn eine bestimmte Person im Besonderen und einige andere im Allgemeinen schlicht und einfach weniger oder gar nichts sagen würden.

Anteil des Geldflußes in Warschau

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Warsaw Spire in Warschau © MeinWarschau [CC BY-SA 2.0]

Von den 1900 Firmenneugründungen haben 45 Prozent ihren neuen Sitz in der Wojewodschaft Masowien (Województwo Mazowieckie) mit der Hauptstadt Warschau. Auf Platz 2 mit gerade mal 12 Prozent ist Kleinpolen (Małopolska / Krakau) und auf Platz 3 Niederschlesien (Dolny Śląsk / Wrocław).

Allein in Warschau wurden 689 Firmen registriert.

Investitionen für Gewerbeimmobilien steigen rasant

Internationale Investoren geben schon seit Jahren Milliarden aus für Gewerbeimmobilien (poln. nieruchomości komercyjne). Seit 4 Jahren sind es über 3 Milliarden Euro jährlich. 2016 waren es sogar mehr als 4,5 Milliarden Euro. Der Rekord, den es zu überbieten gilt, stammt von 2006, als die Investitionssumme bei 5,1 Milliarden Euro lag. Im ersten Halbjahr 2017 sind es schon mehr als 1,5 Milliarden Euro. Das zweite Halbjahr soll noch besser werden.

Michał Wachowicz von Cushman & Wakefield bestätigte, dass die politischen wie wirtschaftlichen Verwirrungen nicht negativ auf die Attraktivität Polens als Investitionsland Einfluss nahmen. Ganz im Gegenteil – 2016 waren die Zahlen sogar höher als im Vorjahr (Quelle: www.propertynews.pl / Rekord za rekordem i … kolejny rekord – polnisch).

Wólka Kosowska – ChinaTown vor den Toren Warschaus

Das Dorf Wólka Kosowska in der Gemeinde Lesznowola liegt ca. 25 Kilometer südwestlich (Karte) vom Warschauer Zentrum entfernt und ist ein echter Exot. Dort leben nach offiziellen Angaben 385 Menschen, doch in den oben genannten 3 Monaten wurden hier 62 Firmen mit Auslandskapital registriert. Damit platziert sich Wólka Kosowska landesweit auf Platz 6.

Der größte Teil dieser kleinen Ortschaft besteht aus einem China-Einkaufszentrum, welches aus 6 Handelszentren und einigem wenigen Lagerhallen besteht. Die Geschäfte sind hier auf 150 000 Quadratmetern Einkaufsfläche verteilt. Um Zeit zu sparen fahren die Ladeneigentümer auf Tretrollern. Auf dem Parkplatz stehen Autos aus ganz Polen, aber auch aus unseren osteuropäischen Nachbarn wie Weißrussland oder Litauen.

Dank oder trotz der Regierung?

Die Partei Recht und Gerechtigkeit regiert seit November 2015.  Das soll jetzt kein Beitrag sein, der dieser Partei diesen Erfolg zuschreiben will. Ganz im Gegenteil. Ich will vielmehr lediglich aufzeigen, dass die Wirtschaft in Polen ihren eigenen Weg geht, was darauf schließen lässt, dass die gesellschaftliche Unabhängigkeit vom Staat in gewißer Weise gewährleistet ist. In anderen Staaten, wo ähnliche oder gar schlechtere politische Bedingungen herrschen, wie zum Beispiel Ungarn, sieht es wirtschaftlich nicht mehr so rosig aus. Dort ist allerdings auch wesentlich mehr in der Hand des Staates.


Beitragsbild: Geldmünzen/Städtisches Museum in Płock © MeinWarschau [CC BY-SA 2.0]

Antoni Administrator
Europäer mit polnischem Herz und deutschem Hirn! Eigentümer des Touristikunternehmens Walking Poland Group, lizenzierter Stadtführer in Warschau, Fotograf, Jurist (1. Staatsexamen), Redakteur
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