Heute findet der 4. Regenbogen-Freitag an Polens Schulen statt. Das Ereignis wird ausschließlich von Schülern organisiert. Weder die Schulverwaltungen noch andere Institutionen sind involviert. Das Bildungsministerium hingegen ermuntert die Schüler auf den Friedhof zu gehen.
Regenbogen-Freitag: die Bunten
Auf zahlreichen Facebook-Seiten sieht man einen Hype der Jugendlichen, die an dem Ereignis teilnehmen wollen. Es wird gebeten die Veranstaltung zu teilen, unbedingt teilzunehmen, sich bunt anzuziehen und mit einem Lächeln auf dem Gesicht zu erscheinen. Selbstverständlich werden auch die Lehrer eingeladen und gebeten, teilzunehmen. Viele bevorzugen es jedoch davon Abstand zu nehmen, um nicht negativ aufzufallen. Schließlich geht es um ihren Job, wenn auch um einen der am schlechtesten bezahlten Jobs im Auftrag des Staates. Die Schüler wollen sich für die Gleichbehandlung von Lesben, Schwulen (Gay), Bisexuellen und Transgenderpersonen, kurz LGBT, einsetzen und vor allem aufklären. Alle Menschen sind gleich, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung. Das Polen des 20. Jahrhunderts muss endlich im 21. Jahrhundert ankommen.

Regenbogen-Freitag: die Weißen
An anderen Schulen wird der Weiße Freitag organisiert. Diese Veranstaltung wird vom Rosenkranz-Rettungsdienst (Pogotowie Rozancowe) inspiriert. Hier trägt man weiß statt bunt. Gelacht wird auch, mit Rosenkränzen und Kreuzen in den Händen. Eigenartig erscheint die Motivation dieser Gruppe. Sie sind nicht explizit gegen die LGBT-Bewegung und den Regenbogen-Freitag. Vielmehr wollen sie zeigen, dass die Regenbogen-Bewegung sich gegen die Kirche und den katholischen richtet. Diese Gruppen fühlen sich durch die LGBT-Bewegung nämlich verfolgt und unterdrückt.
Nach einem Bericht unter Leitung von Magdalena Swider und Mikolaj Winiewski über die Jahre 2015-2016 hatten 69,4 Prozent der LGBT-Jugendlichen Selbstmordgedanken und 49,6 Prozent hatten Anzeichen einer Depression. 25 Prozent der Mütter und nur 12 Prozent der Väter würden vorbehaltlos eine LGBT-Person in ihrem Haushalt akzeptieren. Bei den Parlamentswahlen 2015 haben 80,4 Prozent der LGBT-Personen gewählt. Die Gesamte Wahlbeteiligung betrug 50,92 Prozent. Den ganzen Bericht gibt es hier (Polnisch).
Ab zum Friedhof
Die Gazeta Polska spricht sogar von einer Regenbogen-Seuche. Das Institut für Rechtskultur Ordo Iuris ermahnt die Eltern, dass sie ihren Kindern keine Erlaubnis erteilen für die Teilnahme an „der vulgären Sexualkunde“. Und was sagt das Bildungsministerium zum Regenbogen-Freitag? Nichts, was direkt an die Veranstaltung knüpfen würde. Jedoch wurde genau für diesen Tag die Aktion „Die Schule erinnert sich“ geplant, an welcher über 5000 Schulen teilnehmen sollen. Das Ministerium möchte, dass Schüler zu den Friedhöfen gehen, die Gräber säubern und putzen und eine patriorischen Marsch organisieren.
Die Kinder machen es vor
Beim Regenbogen-Freitag im Jahr zuvor nahmen ca. 200 Schulen teil. Die Koordination übernimmt die Kampania Przeciw Homofobii (Kampagne gegen Homophobie). Mittlerweile ist es die vierte Aktion dieser Art. Lehrer und Eltern werden eingeladen teilzunehmen, allerdings geben die Kinder und Jugendlichen stets voller Stolz bekannt, dass es ihre eigene Veranstaltung ist. Die Kinder machen es vor. Vielleicht können sich die Erwachsen davon etwas abgucken. Polen steht evident vor einem nie dagewesenen Generationenkonflitk. Das veraltete Weltbild der Großeltern, aber auch schon zum Teil dasjenige der Eltern enspricht nicht mehr den Bedürfnissen der polnischen Jugend. Was kommt bleibt abzuwarten. Man kann sich dagegen wehren, es verhinder wird man es nicht.
Beitragsbild: Demonstration mit LGBT-Flaggen vor dem Kulturpalast in Warschau Juni 2019 © MW
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