Aktualisiert: 11.04.2019
Während die Polen mit dem landesweiten Lehrerstreik beschäftigt sind, geht der Arbeitskampf der Taxifahrer in Warschau im gigantischen Informationsfluß unter. Sie hätten sich keinen schlechteren Tag für den Beginn der Verhandlungen mit Regierungsvertretern aussuchen können. Es ist für sie ein Kampf ums Überleben gegen die unfaire Konkurrenz aus den USA. Eigene Fehler wollen sie nicht einsehen.
Die Konkurrenz einfach ausschalten
Am 8. April blieben die Lehrer der Warschauer Bildungseinrichtungen größtenteils zu Hause. Dafür fuhren die Taxifahrer auf die Straße, was eigentlich nicht verwundern sollte, doch taten sie es im Schneckentempo. Der Stau war vorprogrammiert und auch gewollt. Auf diese wollten sie die Aufmerksamkeit der arbeitenden Bevölkerung Warschaus auf sich ziehen. Ihren Frust trugen sie bis vor die Tore der Kanzlei des Premierministers und des Ministeriums für Technologie und Unternehmertum. Die Regierung tue zu wenig gegen die gemütliche, moderne und vor allem billigere Variante der Personenbeförderung via Auto in der polnischen Hauptstadt.
Obwohl das Infrastrukturministerium ein neues Gesetz entworfen hat, welches die Internet-Applikationen wie Uber, Opti Taxi, Bolt, Moja, Number One oder Eko Taxi regulieren soll, sind die Taxifahrer immer noch nicht zufrieden. Die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat schon bewiesen, dass sie Gesetze in Windeseile durch das Gesetzgebungsverfahren bringen kann. In diesem Fall scheinen die Abgeordneten es lockerer angehen zu wollen. Das Gesetz über den Straßentransport führt u.a. eine allgemeine Lizenzpflicht ein. Dafür soll sie weniger kosten und auch die Ortskundeprüfung soll wegfallen.
Die Taxifahrer fordern, dass die Applikationen ausgeschaltet oder blockiert werden, bis das neue Gesetz in Kraft tritt. Die Ministerin für Technologie und Unternehmertum Jadwiga Emilewicz hat den Streikenden versprochen diesen Punkt auf der nächsten Parlamentssitzung anzusprechen. Ob und wann genau das geschehen soll, ist nicht klar. Am Dienstag und Mittwoch war es zunächst ruhig und Taxen fuhren wieder normal. Ob es ein Nachspiel geben wird?
Wer will den Kopf hinhalten?
So absurd die Forderung auch klingen mag, so groß war dann auch die Verwunderung der Anwälte und Arbeitervertreter, dass die Ministerin sie tatsächlich ernst genommen hat. Auch wenn es theoretisch möglich sei die genannten Applikationen zu sperren, so gibt es doch mehr als berechtigte Gründe es nicht zu tun. Dem Infrastrukturministerium fehlen die erforderlichen Kompetenzen und es ist nicht eindeutig geklärt, wem eine solche Befugnis zustehen könnte. Die betroffenen Unternehmen haben ihren Sitz zudem außerhalb der Europäischen Union, eine Sperrung könnte also gegen EU-Normen verstoßen.
Schließlich könnte sich im nachhinein herausstellen, dass das Ausschalten der Applikationen rechtswidrig war. Wer kommt dann für den entstandenen Schaden auf?
Die Qualität lässt viel zu wünschen übrig
Die Taxifahrer haben ein berechtigtes Interesse daran sich an die Regierung zu wenden, damit diese die Verhältnisse endgültig regelt. Momentan ist es ein unsicherer Zustand, der viel Unsicherheit hervorruft. Zugleich ist es ein idealer Moment, um den Taxifahrern die Augen zu öffnen. Immer noch beschweren sich die Touristen, dass das Taxi zu viel berechnet hat, zu lange gefahren ist oder dass der Fahrer weder ausgestiegen ist, um die Tasche in den Kofferrraum zu packen noch sich begrüßt hat. Die Qualität der Warschauer Taxifahrer ist eine Farce. Gute und nette Fahrer, die man während der Fahrt nicht kontrollieren muss, sind eine Seltenheit. Es geht nicht mehr darum, dass die Entfernung und der Preis stimmen. Service hat viele Einzelkomponenten. Sozrealismus ist vorbei. Willkommen im 21. Jahrhundert. Auf Uber kann ich zumindest meine Fahrt bewerten und dort im Internet andere schon mal vorwarnen.
Kaum begonnen und schon zu Ende
Aktualisierung vom 11.04.2019
Das war dann wohl doch nichts. Der Vertreter der Taxifahrer informierte alle Beteiligten am Mittwoch gegen 18 Uhr, dass der Arbeitskampf zu Ende sei. Die Regierung versprach sich um die Angelegenheit zu kümmern. Ein spezielles Team wird den Kampf gegen die illegale Personenbeförderung aufnehmen. Die Taxifahrer drohten vorher damit die Zufahrtsstraßen zum Chopin-Flughafen zu sperren, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Dort suchten wir jedoch vergeblich nach streikenden und Straßen blockierenden Fahrzeugen. Vor Ort warteten jedoch schon zahlreiche Polizeiautos, die die Fahrzeuge abschleppen würden, falls es zu Blockaden komme würde.
Kaum hat der Streik begonnen, da war er auch schon zu Ende.
Beitragsbild: Taxi / Sheila Tostes [CC BY 2.0]
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