In Deutschland war ich der Pole, in Polen der Deutsche, auf Polnisch Niemiec. In beiden Ländern war ich ein Immigrant in verschiedenen Aufmachungen; in Deutschland Spätaussiedler, Oberschlesier (wobei ich anfangs nicht wirklich wusste, was das genau bedeutet) oder der „Pollack“. In Polen war ich einfach der Niemiec mit allem, was diese Bezeichnung beinhaltet; Ordnung und Professionalität, Megalomanie und Auschwitz. Es war ziemlich einfach zu wissen, welche Definition von Niemiec gemeint war. Zehn Jahre nachdem ich nach Warschau „ausgewandert“ bin, wird Integration in Polen zum gesellschaftlichen Thema in Kultur, Wirtschaft und Politik. Wie sieht mein Beitrag dazu aus?
Inhalt
Das türkische Kollektiv
Aktuell höre ich das Hörbuch von Hamed Abdel-Samad „Integration. Ein Protokoll des Scheiterns“ auf Deutsch und wundere mich, wieviel mir während meiner Zeit in Deutschland nicht bewusst war. Hamed stammt aus Ägypten und schreibt über die Integration von Moslems in Deutschland.
Die Probleme und Herausforderungen, die er beschreibt, sind eigentlich keine Neuentdeckungen, doch weiß Hamed die richtigen Worte zu finden, um es nicht als Floskel, sondern als problematische Herausforderung klingen zu lassen. Aber als junger Pole am Rande des Ruhrgebiets, wo die ganze Welt zu Hause war, sah ich das anders. Meine Freunde und ich hatten Mitleid mit den Deutschen. Wir Ausländer fühlten anders, wir waren „anders“, allen voran die Türken. Sie strotzten vor Stolz und waren stets kämpferisch eingestellt. Jedes Mal betonten sie ihre moralische Überlegenheit gegenüber den Deutschen. Sie fürchteten die Deutschen, behandelten sie jedoch nicht mit Respekt. Wir Nicht-Türken, aber auch Nicht-„Kartoffeln“ wollten zu dieser antideutschen Gruppe dazugehören und stimmten zu, dass die Deutschen dem Untergang geweiht sind, weil sie „schwach“ waren. Aus heutiger Perspektive glaube ich, dass wir uns alle in eine Opferrolle hineinsteigerten, um die Misserfolge in Schule, Sport und Berufsleben zu erklären. „Wir sind die armen Ausländer mit traumatischen Erlebnissen und deshalb sind wir nicht so erfolgreich, wie die Deutschen“. Aber es war keine polnisch-türkische Freundschaft.
Das türkische oder auch arabische Kollektiv ist etwas, was mir während der vielen Hörstunden des Buches erst bewusst wurde. Obwohl man immer gescherzt hatte, dass Achmed gleich seine Brüder holt, war es nur solange lustig, bis die Familie dann vor einem Stand und höflich fragte „Hast Du Problem?“ Das Kollektiv schützte die Frauen, Schwestern und Mütter in jeder Hinsicht. Es war unmöglich sich mit einem türkischen Mädchen zu verabreden. Ich habe auch nie ein Haus oder eine Wohnung einer türkischen Familie von innen gesehen. Freundschaften wurden nach dem Abitur prompt abgebrochen. Es gab dabei keine Abschiedsfeiern.
Das sind nur einige meiner Erinnerungen, die sich im Orbit um die Integration bewegen.
Die schlesische Firewall
Wenn ich keine Kopfhörer dabei habe, lese ich im klassischen Format das Buch „Kajs. Opowiesc o Gornym Slasku (Irgendwo. Eine Erzählung über Oberschlesien“) von Zbigniew Rokita. Zbigniew schreibt auf Polnisch über seine Suche des polnischen Schlesiertums, was die (deutschen) Schlesier nicht nachvollziehen können. Ich bin gebürtig auch Oberschlesier, war jedoch nie auf einer Suche nach einer regionalen Herkunft innerhalb meines Polentums. Mir schien, als seien alle Menschen, die aus Polen kommen, Polen und katholisch. Und siehe da, es ist alles doch nicht so schwarz und weiß. Sofort machte ich mir rückblickend Gedanken über meine Zeit als Kind polnischer Einwanderer in Deutschland und stelle sie meinem nun über zehnjährigen Aufenthalt als Hirn-Deutscher in Warschau gegenüber. In Deutschland überwiegt mein polnisches Herz, in Polen ist mein deutscher Verstand aktiver. Es lassen sich keine Analogien bilden, weil in beiden Ländern die Erfahrungen ganz andere sind. In beiden Ländern nehme ich bewusst und unbewusst am Integrationsprozess teil. Und mit jedem Jahr wird es komplexer.
Nachdem ich in Hameds Buch das islamische Kollektiv „gesichtet“ hatte, stellte sich mir die Frage, ob wir Polen auch so etwas haben. Die Integration der Polen in Deutschland war erfolgreich, und es gab mehrere große Einwanderungswellen in den letzten zweihundert Jahren. An der letzten, die immer noch nicht erloschen ist, habe ich persönlich teilgenommen. Nachdem der Virus des Kommunismus (Sozrealismus) besiegt worden ist, war die freie 3. Republik Polen zu schwach, um ihre eigenen Kinder zu ernähren, also wandert man aus. Doch warum sind die polnischen Integrationsprozesse so erfolgreich? Ist es so, weil die Polen kein Kollektiv zusammenhält? Sind die Polen Einzelgänger, die nur der persönlichen Freiheit verpflichtet sind? Weder in Deutschland, noch anderswo auf der Welt, hört man von einer einflußreichen Polonia. Allein in den USA sind es über 10 Millionen, in Chicago leben 1,5 Millionen Polen.
Und dann kommen mir meine Sommerferien in den Sinn. Ich verbrachte Wochen in einem kleinen Städtchen mit 10 Tausend Einwohnern, wo man noch bis heute den gesellschaftlichen Druck einer geschlossenen, homogenen Dorfkultur spürt. Mir wurde schnell bewusst, dass es hier ein ungeschriebenes Regelbuch gibt. Damalas waren es die 2000er Jahre, ich war damals 15 bis 20 Jahre alt. Weitab von der regionalen Infrastruktur und somit abgeschnitten vom städtischen Liberalismus, der erst zehn Jahre später aus dem verfaulten Ei schlüpfen sollte. In der polnischen Provinz ist das Sprichwort „Es braucht ein Dorf, um ein Kind zu erziehen“ bis heute weiterhin sehr lebendig, verliert allerdings von Jahr zu Jahr mehr an Einfluss. Junge Polen werden von der unsichtbaren Hand polnischer Traditionen und Glaubenslehre geführt. Es sind keine extravaganten Schritte erlaubt. Dazu zählt die Konkordatsehe, die unabdingbare Taufe eines jeden Neugeborenen und auch die sonntägliche Messe. Eine Beziehung mit einem in Deutschland lebenden Polen war exotisch und interessant, doch auf Dauer ungemütlich und ungern gesehen. Das gelebte Patriarchat schwächelt, aber es ist weiterhin spürbar. Es gibt ganz einfach bestimmte Dinge, die darf man und die darf man nicht. Fragen stellen und Relativierungen anstellen gehören in die zweite Gruppe. Sonderwege werden als Verat an der polnischen Kultur angesehen. Ein weiteres Element ist das Geschichtsverständnis. Polens Opferrolle in der Weltgeschichte sowie die Verneinung jedweden Antisemitismus in welcher Form auch immer sind die zwei Eckpunkte, zwischen welchen man Geschichtsaufarbeitung betreiben darf. Wird die Grenze des Erlaubten überschritten, wird man als Leugner der Wahrheit, Agent ausländischer Sicherheitsdienste und Medien oder als selbsthassender Polen denunziert. Dabei sind das nur einige Ventile für die Aufdeckung des Opferrelativismus.
Dieser harschen Welt der polnischen Dörfer (oder Städtchen mit Dorfatmosphäre) kann man jedoch sehr leicht entkommen. Man kehrt ihr einfach den Rücken zu. Während ich diese Zeilen schreibe, wird mir erst bewußt, was hätte passieren können, wenn meine Familie 1989 nicht nach Deutschland ausgewandert wäre. Mein Lebensmittelpunkt wäre ein Dorf mit 1200 Einwohnern, 25 Kilometer von Gleiwitz entfernt. Wohin hätte ich fliehen können? Was wäre, wenn ich dort aufgewachsen wäre? Lieber nicht daran denken.
Meine Familie ist notgedrungen nach Deutschland ausgewandert. Wenn die polnische Kirche in Deutschland nicht das Zepter in die Hand genommen hätte, um die ausgewanderten Polen zumindest am Sonntag zusammenzubringen, wären wir als Gruppe gar nicht sichtbar, obwohl wir von einer Gruppe sprechen, die 1 Million Mitglieder hat. Wundert Sie das? Mich nicht unbedingt! Dasselbe sehe ich nämlich auch in Polen selbst. Hier werden kaum gemeinnützige Vereine gegründet und bei Umfragen stellt sich heraus, dass 75 Prozent der Polen einem anderen Polen nicht trauen. Das ist keine gute Voraussetzung, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Und nun kommt noch der Sturzflug der kirchlichen Authorität in Polen hinzu. So sehr sich die Polnische Kirche reorganisieren muss, ohne Kirche wird der gesellschaftliche Zusammenhalt noch schwächer, in Polen und vor allem in Deutschland. Was bleibt den Polen im Ausland ohne Kirche? In den polnischen Dörfern war es auch nur die Kirche, die alles zusammenhält und die Priester waren es, die den einsamen Omas und Opas regelmäßig einen Besuch abstatteten, weil die Enkel in den liberalen Städten ihre 60-Stunden-Woche vollkriegen müssen.
Um alles noch komplizierter zu machen, kommt zu alledem noch das schlesische Kollektiv hinzu, welches stillschweigend die Eindeutschung ihrer Söhne und Töchter befürwortet oder ihr zumindest nicht im Wege steht. Es ist also möglich das polnische Dorfkollektiv, welches konservativ ist und der Germanisierung voller Furcht entgegentrachtet, zu verlassen und in das deutsche Kollektiv einzutreten. Die schlesische Firewall macht es möglich.
Polen ein Einwanderungsland?
Nun denke ich an unsere ukrainischen Mitbewohner in Warschau. Man sieht die Ukrainer überall. Es sind schätzungsweise knapp 200 Tausend in Warschau und Umgebung. Sie reden nicht viel über das Geschehen in der Ostukraine. Wenn man nachfragt, murmeln sie etwas vor sich hin und lenken das Gespräch auf ein anderes Thema. Mir scheint, dass sie sich gut integrieren, weil sie müssen. Der polnische Staat ist bei den Integrationsfragen abwesend. Jeder integriert sich, wie er kann. In einem fremden Land ohne staatliche Hilfe ist das Missbrauchspotential jedoch sehr hoch. Man hört von Ukrainern, die auf einem Balkon für horrende Mieten übernachten. Das sind zwar nur Einzelfälle, die jedoch auch nach vielen Jahren zum Vorschein kommen.
Bis 2015 war die Anzahl der Ausländer in Polen minimal. Als ich 2008 das erste Mal nach Warschau kam, war die Bevölkerung homogen, in nationaler und religiöser Hinsicht. Das war im Vergleich zur deutschen Realität ein extremer Kontrast. Warschau schien mir im Vergleich eine Ansammlung von unzähligen Plattenbausiedlungen mit Dorfcharakter. Nur zehn Jahre später ist Polen zum Einwanderungsland aufgestiegen, was ich als sehr positiv bewerte. Vor allem Städte wie Warschau, Krakau und Breslau erleben eine regelrechte Einwanderungsflut. Die größten Einwanderergruppen sind Ukrainer (seit 2014), Weißrussen (seit 2020), Inder und Gruppen aus Mittelasien. Vietnamesen gehören schon seit den Achtzigern zum gewohnten Bild und seit 1994 haben 80 Tausend Tschetschenen Asylanträge in Polen gestellt. Menschen, die sich für ein Leben in Polen entscheiden, sind ein Mehrwert für die polnische Kultur. Seit Jahren ist Polen auch das Land in der EU, mit der höchsten Arbeitsimmigration von Personen außerhalb der EU. Türken und Araber gibt es in Polen so gut wie keine.
Das Jüdische Erbe in Warschau
Warschau stieg im 19. Jahrhundert zum Weltzentrum jüdischer Kultur auf. 1938 lebten hier fast 400 000 Juden, knapp 35 Prozent der Bevölkerung. Es war die größte jüdische Gemeinde in Europa. In Polen waren es über 3,5 Millionen, 10 Prozent der Gesamtbevölkerung. 80 Prozent von ihnen sprachen Jiddisch und waren orthodox. Die Haskalah waren aufgeklärte Juden, dessen Weltanschauung aus Königsberg und Berlin nach Warschau rüberschwappte. Dazwischen waren die Chasidim, eine fröhlich-tänzerische Variante der Orthodoxie. Auch hier gab es ein Kollektiv, dessen Antriebsmotor die Religion war. Ich erinnere mich an die Worte von Yuahl Noah Harari in seinem Buch „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“, dass das Judentum erst erfolgreich wurde, als sich Juden der Welt öffneten. Mit ihrem Bildungsdrang konnten sie in der von Wissenschaft geprägten westlichen Kultur mit einer so kleinen Gruppe relativ so viel erreichen. Auch polnische Juden waren in vielen Bereichen von Wissenschaft, Kultur und Musik erfolgreich, obwohl die Mehrheit sich der polnischen Kultur gegenüber verschloss. Das jüdische Kollektiv in Polen und Warschau hinderte die orthodoxen Juden an einer Integration mit der polnisch-katholischen Bevölkerung.
Doch auch der polnische Staat als Königreich, Polnisch-Litauische Union, Königreich in Personalunion mit Russland, Republik oder Volksrepublik machte es den Juden nicht immer einfach. Die Stadt Warschau erkämpfte sich 1527 das Privileg de non tolerandi judaeis, welches den Juden verbot sich auf dem Gebiet der Stadt und im Umkreis von 15 Kilometern anzusiedeln, zu arbeiten und zu handeln. Das Privileg erlischt erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als das Königreich Polen Teil des Russischen Imperiums war. Und dennoch leben Tausende von Juden Seite an Seite mit den katholischen Warschauern, weil sie sich in den privaten Städten um Warschau herum ansiedeln, auf Wunsch der polnischen Aristokraten. Polens Goldenes Zeitalter ist synchron mit der Goldenen Ära der Juden zwischen der Zerstörung Jerusalems und 1939. Um Polen (und Warschau) zu verstehen, muss man auch die jüdische Geschichte erforschen. Um die Juden zu verstehen, muss man die polnische Geschichte kennen.
Polnisches Multi-Kulti
Polen hat spätestens seit dem 15. Jahrhundert Multi-Kulti-Erfahrung. Das Land geht eine Realunion mit Litauen ein und erstreckt sich von der Warthe bis zum Dnjepr. Zahlreiche Völker und Religionen finden in der Königlichen Republik Polen-Litauen ein Zuhause. In den 30ern des 20. Jahrhunderts waren 35 Prozent der Bevölkerung keine Polen, 10 Prozent waren Jüdisch, in Warschau war jeder Dritte Einwohner ein Jude. Es gab viele Probleme und Streitigkeiten auf politischer wie gesellschaftlicher Ebene, aber von einer „jugoslawischen“ Lösung war man weit entfernt.
Die Erfahrungen hat Polen schon gemacht und die Rückkehr zu diesem bunten Ensemble vieler Nationen sollte hier höchste Priorität sein. Schade ist nur, dass man von den Fehlern damals nicht lernen will und alles dem Zufall überlässt.
Auch Deutschland und Polen sollten voneinander lernen. Für ein besseres Miteinander!
Lieber Antoni,
ich finde Deine Blog-Beiträge immer wieder spannend und häufig ist es so, dass ich sofort in die Diskussion einsteigen möchte, weil es mir förmlich unter den Fingern juckt. Mit dem Beitrag „Polen, Türken, Juden und Ukrainer. Über Integration.“ geht es mir wieder so.
Ich habe ein heftiges Problem mit Hamed Abdel-Samad auch mit den von Dir zitierten Buch und vor allem dem Buch „Aus Liebe zu Deutschland: Ein Warnruf“.
Die von Hameds vertretene Ansicht, dass den Deutschen der Stolz auf ihre Geschichte fehlt, kann ich nicht teilen. In der von Hamed so gescholtenen Zeit des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wurden die in den Niederlanden verfolgten Religionsflüchtlinge, die aus Frankreich vertriebenen Hugenotten integriert. Das Magdeburger und das Lübecker Stadtrecht waren eines der größten Exportschlager des späten Mittelalters. Alles wahrlich Gründe darauf stolz zu sein. Wer heute versteht, warum die EU mit ihrer Machtlosigkeit nach außen und ihrer Attraktivität nach innen funktioniert, der hat viel vom alten Reich verstanden. Dabei bin ich weit davon entfernt zu vergessen, was Preußen und auch Österreich mit Hilfe Englands, Frankreichs und Schwedens mit ihren Nachbarn auszutragen hatten.
Was mich nervös macht, ist das Selbstbewusstsein, mit der andere Nationen auf ihre Geschichte schauen. Ich finde nicht, dass die abgeschnittenen Köpfe der französischen Revolution berechtigen auf diese Revolution stolz zu sein. Das British Empire hat während der Zeit der Kartoffelfäule um 1848 schlichtweg eine Millionen Iren verhungern lassen, weitere zwei Millionen mussten auswandern und das nur, um Weideflächen für ihre Schafe und Kühe zu bekommen. Iren denken über das British Empire sehr viel anders als die Briten.
In meiner Familie kennen wir das Gefühl fremd zu sein. Als sie 1922 aus Posen ausgewiesen wurden, waren sie in Mecklenburg erst mal die „Polacken“ und sie waren es insbesondere dann, wenn sie erfolgreicher waren als die Alteingesessenen. Der Witz ist, dass die Nachbarn in der Griesen Gegend seit Jahrhunderten die Rekruten für den Mecklenburger Großherzog stellten, also eher obotritischer-wendischer Herkunft. Meine Großeltern fühlten sich als Ostfriese und Sauerländerin eher dem Germanischen zugehörig. Was für ein Blödsinn. Dieses Fremdsein war vorbei, als meine Großeltern ihre Auswanderungspläne aufgegeben hatten, also als sie angekommen waren.
Das was mich stört, ist diese Außensicht. Deutsche Geschichte ist Migrationsgeschichte und zwar vom ersten bis zum letzten Tag. Die mag als schwierig und problematisch angesehen werden. Aber das ist heutige Sicht. Beispielsweise mag man den Wendenfeldzug (der Beginn der dt. Ostexpansion) Heinrich des Löwen als Unterwerfung ansehen – was er sicherlich auch war – aber Heinrich hat die Wenden nicht, wie damals üblich, umgebracht und weil sie sich haben taufen lassen, sie auch nicht in die Sklaverei nach Byzanz oder ins Kalifat verkauft. Die Wenden und die eingewanderten Siedler der Ostexpansion haben sich relativ schnell zusammengerauft. Nur noch Ortsname erinnern daran, wo Wenden und wo Siedler gewohnt haben.
Wer heute auf Nachfahren der Hugenotten trifft, wird häufig genug feststellen, wie selbstbewusst sie auf ihre Geschichte sehen. Ihre Einwanderung ist 300 Jahre her. Na und. Sie haben dieses Land bereichert.
Ich glaube Integration und auch Nachbarschaft braucht vor allem Nachsicht, Geduld und Zeit, aber auch Ankommen und Einlassen. Vor allem aber braucht sie eins, und das gilt in diesen schwierigen Zeiten besonders, dass wir zu unseren Nachbarn stehen. Wir werden uns verändern und mit uns werden sich auch unsere Nachbarn verändern. Jede Generation wird ihren Umgang miteinander finden müssen.
Lieber Antoni, schreib weiter so interessante Beiträge. Mich bereichern Sie.
Mit herzlichen Grüßen
Bernd Garrels