Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, um in Warschau seine Waren und Dienstleistungen zu bezahlen. Die klassische Barzahlung, die schnellere Variante der Kartenzahlung sowie die moderne Methode mit Handys, Uhren, Ohrringen und allen möglichen anderen Dingen, die man an das Kartenlesegerät hält (womöglich gibt es für diese Dinger schon eine entsprechende Bezeichnung?).
Von deutschen Touristen werde ich des öfteren gefragt, warum (nicht ob) man in Warschau nicht mit dem Euro bezahlen kann. Da mich die die Verwunderung verwundert und weil sie von relativ vielen Reisenden verkündet wird, ist es an der Zeit diesen kurzen erläuternden Beitrag zu schreiben.
Inhalt
Polen hat keinen EURO
Zunächst also die wichtigste Information. Polen ist zwar Mitglied der Europäischen Union, hat aber mit dem Beitritt 2004 nicht zugleich die europäische Währung eingeführt. Neben dem Unwillen der polnischen Politiker gab es damals noch eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, die nicht notwendigerweise dagegen, aber eben nicht für die Einführung der europäischen Währung war. Die Anzahl der Befürworter wuchs zwar mit der Zeit etwas, aber spätestens seit dem Wahlsieg der bis heute regierenden Recht und Gerechtigkeit (PiS) fiel das allgemeine Interesse an dem Euro in Polens Gesellschaft. Jegliche Aufklärungsarbeit wurde eingestellt, das Image der Europäischen Union verschlechterte sich durch die Wirtschaftskrise 2008, die Flüchtlingskrise und den Brexit und auch aufgrund der Kollisionsfahrt der PiS gegenüber allen möglichen Institutionen in Brüssel. Von den eben genannten Ereignissen hatte vor allem die Krise 2008 dazu geführt, dass man die Vorteile einer eigenen Währung schätzen lernte, da die polnische Regierung Dank der unabhängigen Währungspolitik der Krise entgegensteuern konnte, was letztendlich sogar die Rezession verhindern konnte.
Das anfangs noch bei 50 zu 50 liegende Verhätlnis der Befürworter und Gegner pendelte sich 2022 schließlich bei 60 zu 40 zu Gunsten der Gegner ein.
Das alles bedeutet nicht, dass Polen den Euro nicht einführen wird, denn mit der Mitgliedschaft in der Union verpflichtet sich jedes neue Mitglied die Währung einzuführen (davon ausgeschlossen waren Großbritannien und Dänemark). Mit der Zeit wird auch die Gruppe der Befürworter überwiegen und schließlich dominieren, da die jungen Polen den Euro mehrheitlich einführen wollen. Die älteren unter uns hingegen wollen noch bei ihrer jetzigen Währung, die es in dieser Form erst seit 1995 gibt, bleiben. Der Nachteil der älteren Polen ist jedoch, dass sie grundsätzlich kürzer leben und mit ihnen geht auch der Unwillen gegen den Euro.

Warschau ist kein Grenzgebiet
Die meisten, die sich wundern, dass man hier nicht mit dem Euro bezahlen kann, waren vorher entweder im Grenzgebiet einkaufen oder am polnischen Meer im Urlaub. Die Unternehmer der Touristikbranche und des Grenzhandels akzeptieren den Euro als Zahlungsmittel, weil sie sich bewusst sind, dass sie sonst Kunden verlieren können. Warschau ist jedoch erstens kein Grenzgebiet mit anliegenden Basaren und Gemüsemärkten und zudem keine waschechte Touristenstadt. Die Schwerpunkte des Geldflusses liegen woanders. Typische Basare, wo der Schwarzmarkt blühte und nur Bargeld akzeptiert war, sind schon seit vielen Jahren passé. Der berühmt-berüchtigte Jarmark Europa wurde 2008 geschlossen. Andere bekannte Basare wie der der Bazar Rozyckiego wird nur noch sporadisch von Nostalgikern besucht. Die Tourismusbranche hingegen bringt der Stadt zwar hohe Einnahmen, allerdings sind es im Verhältnis zum Regionalen Bruttosozialprodukt der Stadt Warschau nur ca. 5 Prozent. Der einzige wahrhaft touristische Punkt in Warschau ist die Altstadt. Alle weiteren Sehenswürdigkeiten gehen im allgemeinem Treiben unter. Anders sieht es dahingehend in Städten wie Krakau oder Danzig aus. Wenn wir auch über die Altstadt sprechen, so handelt es sich dabei um 13 Straßen und 40 gastronomische Betriebe. Ein sehr wunderschöner, atemberaubender und interessanter Heißer Tropfen in der Stadtkasse. Man kann also nicht erwarten, dass sich dieses kleine Eck darum bemüht den Gästen die Möglichkeit der Bezahlung mit dem Euro zu ermöglichen.
Die meisten zahlen eh mit Karte
Ein entscheidender Aspekt kommt bestärkt den Unwillen der Zahlung mit dem Euro. Die Warschauer zahlen größtenteils mit Karte. Der Anteil der Kartenzahler in Polen liegt bei knapp 65 Prozent, in Warschau sogar bei über 90 Prozent. Es gibt kaum Unternehmer, die noch Bargeld verlangen. Sogar die Gemüsemärkte und teilweise auf Flohmärkten ist die Kartenzahlung ohne weiteres möglich. Es gibt in Polen keinen Mindestbetrag und auch sehr kleine Beträge wie 20 Groschen (5 Eurocent) für eine Einkaufstüte bezahlt man unbedenklich mit der Karte. Ich habe vor einigen Wochen mein Portemonaie in den Mülleimer geworfen, weil sich alles auf dem Hände befindet. Bargeld habe ich seit einigen Jahren nicht mehr.

Das Bargeld ist nicht mehr sichtbar. Kaum jemand sucht an der Kasse nach Kleingeld oder rechnet größere Summen zusammen. Als Warschauer merkt man erst im Ausland, dass das Leben ohne Bargeld umständlich sein kann. Dann merkt man auch erst, dass die Wechselei in den Wechselstuben sehr umständlig sein kann. Das heißt aber auch, dass man von den Touristen in Warschau eher die Karte als Bargeld erwartet. Dabei gelangt die Zahl auf dem Lesegerät in die Matrix der Umrechnungssysteme und landet schließlich in PLN auf dem Konto.
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