Leben in Warschau

Polnische Städte immer sicherer. Polen schneidet im internationalen Vergleich gut ab

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Von 2013 bis 2016 ist die Anzahl begangener Straftaten in polnischen Städten um 27 Prozent gefallen. Gemessen an der Anzahl der Straftaten pro 1000 Einwohner liegt Warschau mit einem Wert von 28,5 auf Platz 12. In internationalen Statistiken gilt Warschau hingegen als eher gefährlich. Berechtigt? Polen hingegen gehört zu den sichereren Ländern der Welt. 

Kriminalstatistik Polen 2016

In Warschau wurden 2016 49,9 Tausend Straftaten begangen. Somit platziert sich die polnische Hauptstadt unter Polens Städten ganz oben. Dahinter kommen Krakau und Breslau (Wrocław) mit ca. 25 Tausend Straftaten. Setzt man die absoluten Zahlen jedoch ins Verhältnis zur Einwohnerzahl, so erhält man folgende Tabelle:

Nr.StadtStraftatenStraftaten/ 1000 EinwohnerVeränderung 2013-2016Aufdeckungs-quote
1Rzeszów3 18316,9-31%51%
2Białystok5 12317,3-25%64%
3Radom4 14619,2-24%65%
4Bydgoszcz7 16220,2-34%63%
5Lublin7 26421,3-35%57%
6Gdańsk (Danzig)11 41924,6-35%49%
7Łódź17 99525,8-30%48%
8Olsztyn4 64026,7-3%56%
9Kielce5 28226,7-30%70%
10Gorzów Wlkp.3 33726,9-55%66%
11Szczecin11 11527,5-26%66%
12Warszawa49 92628,5-10%45%
13Opole3 83630,0-30%51%
14Poznań17 29431,9-42%50%
15Kraków25 10532,8-20%60%
16Katowice11 22737,7-39%58%
17Wrocław (Breslau)24 70138,7-29%47%

Quelle: blog.homebroker.pl / polnisches Polizeipräsidium / Jahr 2016

Bemerkenswert ist die Entwicklung in Gorzów Wielkopolski, wo die Anzahl der Straftaten von 2013 bis 2016 um 55% zurückgegangen ist. Auch in Posen (42%), Kattowitz (39%) oder Danzig (35%) waren die Veränderungen erheblich.

In Warschau waren es doch noch immerhin 10%.

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Wert links: Anzahl der Verbrechen je 1000 Einwohner im Jahr 2016 / Wert rechts: Veränderung in den Jahren 2013-2016

Autodiebstähle

In Warschau muss man vor allem auf sein Auto aufpassen, denn die Wahrscheinlichkeit eines Autodiebstahls ist hier am höchsten.

Statistisch werden hier 1,24 Diebstähle je 1000 Einwohner registriert. In Posen sind es 1,2 und Kattowitz 1,14. Die niedrigste Quote gibt es in Białystok mit einem Wert von 0,11.

Warschau gehört zu den gefährlichsten Städten Europas?

Der Business Insider (www.businessinsider.de) veröffentlichte am 26.02.2016 eine interessante Liste, welche die 17 gefährlichsten Städte Europas aufzeigte.

Warschau liegt demnach auf dem 13. Platz in Europa. Es wird ein Foto dargestellt mit der Beschreibung, dass „Demonstranten vor dem Schloss in Warschau randalieren“. Anschließend folgt ein Text, der kurz und knapp den Grund für diese unschöne Platzierung aufzeigt. Demnach habe Warschau die höchste Verbrechensrate des Landes und zusätzlich finden hier häufig politische Proteste statt, die nicht immer friedlich ablaufen. Es ist wirklich kein Wunder, dass Warschau die höchste Verbrechensrate in absoluten Zahlen hat. Schließlich ist die polnische Hauptstadt mindestens 2 mal bevölkerungsreicher als die zweitgrößte Stadt Polens Krakau.

Diesem Ranking des Business Insider kann ich überhaupt nicht zustimmen. Seit ich mich im Jahre 2012 in Warschau niedergelassen habe, fanden hier sicherlich viele Demonstrationen und politische Proteste statt, was nicht verwundern sollte, doch wurden hier nie Autos abgefackelt oder Geschäfte demoliert. Auch kann ich mich an keine Randale erinnern, die auf dem Königsschlossplatz stattfand, also auf dem bekanntesten öffentlichen Platz der Stadt. Auf dem Foto des Business Insider werden (womöglich) Fussball-Hooligangs gezeigt, die dort „randalieren“. Wenn jemand eine Leuchtrakete in die Höhe streckt, ist es bis zur strafrechtlich relevanten Randale noch etwas weit.

Ich habe jedoch gesehen, wie Demos in Hamburg, Berlin, Paris, Marseille oder Brüssel ablaufen. Ein Vergleich der Demonstrationen in Hamburg während des G20-Gipfels, als man von weitem Rauchwolken über der Stadt aufkommen sah, mit dem Warschauer Aufstand von 1944 war gar nicht so abwägig.

Es ist sicherlich immer einfacher viele Osteuropäische Städte auf die Liste zu setzen, weil es keiner nachprüfen wird und gefährlich war es hier ja sowieso schon immer, nicht wahr?

Ausgaben für Sicherheit und Monitorin in Warschau

Im Finanzhaushalt von Warschau für das Jahr wurden 316 Millionen PLN für die Ausgaben für Sicherheit bereitgestellt. Das sind 1,8 Prozent des ganzen Haushalts iHv. 17,7 Milliarden PLN.

Die Stadt hat 2018 1547 Stadtpolizisten eingestellt. Zusätzlich wurden 10 Tausend Streifgänge finanziert. Insgesamt gibt es in der ganzen Stadt verteilt 400 Videokameras.

Sicherheit in anderen europäischen Städten

Deutschland

Laut Bericht zur Polizeilichen Kriminalstatistik 2017 (PKS) des Bundeskriminalamtes sieht die Kriminalstatistik in ausgewählten deutschen Städten wie folgt aus:

StadtStraftaten pro 1000 Einwohner
Berlin145
Frankfurt/Main148
Köln127
Hamburg123
München66

Hamburg hat ungefähr die gleiche Einwohnerzahl wie Warschau und eine fast 5-fach höhere Anzahl an Straftaten. Wäre Warschau eine deutsche Stadt, läge der Wert der Straftaten je 1000 Einwohner mit 28 im Ranking an unterster Stelle.

Frankreich/Paris

Das französische Amt für Verbrechensstatistik (freie Übersetzung / Observatoire national de la délinquance et des réponses pénales) gab Ende 2017 bekannt, dass in den öffentlichen Verkehrsmitteln in Paris in den Jahren 2014 – 2015 ca. 267 Tausend Personen Sexualverbrechen zum Opfer fielen. Darunter fallen erzwungenes Küssen, Entblößung, Begrapschung und Vergewaltigungen. 220 Tausend von diesen Personen waren Frauen. 

Im Oktober 2017 stand Paris im Ranking der Thomson Reuters Foundation an 3. Position hinsichtlich der Frauenfreundlichkeit und an 4. Position hinsichtlich des niedrigsten Risikos im Hinblick auf Sexualgewalt.

Wer mal in Paris mit der U-Bahn gefahren ist, wird sich in Warschau wie in einem Spaßkarusell fühlen.

Quelle: Independent (Englisch)

Das Sicherheitsgefühl in Warschau

Wenn man sich in Warschau nach einer Wohnung umschaut, dann richtet man sich hauptsächlich nach den Preisen. Das Viertel, welches man aussucht, muss gut angeschloßen sein und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Man würde nicht danach schauen, ob es irgendwo gefährlich sein könnte, nachts auf die Straße zu gehen. In der polnischen Hauptstadt findet keine Ghettoisierung einzelner Stadtviertel statt. Es gibt keine besondere ethnische Bevölkerungsgruppe, die sich in einem einzelnen Viertel niederlässt und andere Gruppen nicht „hineinlässt“, um so ihre eigenen Verhaltensregeln einzuführen. Durch die ganze Stadt hindurch wohnen die wohlhabenderen und die ärmeren oft nebeneinander. Die reicheren Stadtviertel zeichnet nur aus, dass dort alteingesessene Familien leben.

Ausländerviertel in Warschau? Nix wie hin!

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Warschauer Syrenka (nicht die Echte) mit
Ukrainischer Flagge by Piotr Drabik / CC BY 2.0

Ausländerviertel sind oft No-Go-Zonen, die man meidet. In Warschau dreht sich dieses Bild um 180 Grad. Die Ausländer, die nach Warschau kommen, sind meistens bestens ausgebildet und bringen zudem viel Geld mit, wenn sie sich hier niederlassen. Wer es nicht schafft, muss die Stadt verlassen und woanders sein Glück versuchen. Bei einer Arbeitslosenquote von ca. 2% entstehen zudem keine sozialen Brennpunkte. Wer er sich also leisten kann, der zieht gerne in die Ecken, wo Franzosen, Deutsche, Briten oder US-Amerikaner leben. Auch die Ukrainischen Mitbürger wohnen inmitten der polnischen Gesellschaft. Warum sollten Sie sich auch woanders niederlassen? Dass sich die Stadt nicht um diejenigen kümmert, die es nicht geschafft haben, ist ein anderes Thema. Das zwingt die Menschen hier jedoch dazu, sich doppelt anzustrengen. Alles wissen, dass hier niemand etwas umsonst bekommt, noch mal die, die nach Warschau kommen. Die Integration aller Ausländer hier fuktioniert gut, weil sie von „unten“ kommt. Eine Alternative gibt es ja sowieso nicht. Entweder Sie passen sich an oder sie können es gleich lassen.

Polen unter den sichersten Ländern der Welt

Aus dem Global Peace Index 2018 geht hervor, dass Polen auf der Liste der sichersten Länder der Welt den 32. Platz belegt. Bewertet wurden 163 Länder. In Betracht gezogen wurden kriegerische Auseinandersetzungen, Terrorismus oder auch soziale Sicherheit. Es gibt 5 verschiedene Friedensgrade (the state of peace). Der höchste Grad (very high) wird von dreizehn Ländern erreicht. Einen hohen Grad erreichen die Länder vom 14. bis zum 78. Rang.

| Global Peace Index 2018 | Global Peace Index 2017 | (Englisch)

LandRang ´18´17
Island11
Neuseeland22
Österreich34
Portugal43
Dänemark55
Kanada68
Tschechische Republik76
Singapur821
Japan910
Irland1010
Slowenien117
Schweiz129
Australien1312
Schweden1418
Finnland1517
Norwegen1614
Deutschland1716
Ungarn1715
Bhutan1913
Mauritius2022
Belgien2119
Slowakei2226
Niederlande2319
Rumänien2425
Malaysia2529
Bulgarien2628
Kroatien2731
Chile2824
Boswana2927
Spanien3023
Lettland3132
Polen3233

Statistik und Empfinden

Bezüglich einzelner Statistiken muss man sehr vorsichtig sein, was nicht bedeutet, dass sie ganz außer Acht gelassen werden müssen. Mein Sicherheitsempfinden hier in Warschau ist jedoch stärker als in Dortmund und Unna, wo ich aufgewachsen bin. Stadtviertel wie Dortmund-Scharnhorst waren Stadtviertel die man lieber meiden sollte. Auch in Berlin, Köln oder Frankfurt/Main sollte man einige Gegenden lieber meiden. Auch wenn es solche extremen Fälle in Warschau nicht gibt, heißt es nicht, dass man hier jederzeit und überall sicher rumlaufen kann.

Es ist jedoch auffällig, dass die Gesellschaftsstruktur hier noch einem anderen Muster folgt. Die Stadtmitte ist noch nicht so teuer, dass man es sich nicht leisten könnte, dort zu wohnen. Noch hat man das Gefühl, dass die Stadt für alle zur Verfügung steht. Ob es so noch in 10 Jahren sein wird, kann ich aus heutiger nicht beurteilen.

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Grabfigur auf dem Powazki-Friedhof in Warschau © MW

In einem Reiseführer über Warschau habe ich mal gelesen, dass die Touristen bitte den berühmtesten Friedhof in Polen – den Powązki-Friedhof – meiden sollten, weil man dort oft ausgeraubt werden würde. Der Verfasser dieses Abschnittes bezeichnete den Friedhof als No-Go-Area. Bei allem Respekt – von allen potenziell gefährlichen Ecken käme mir diese überhaupt nicht in den Sinn! Vielmehr der Stadtteil Praga oder die städtischen Grenzgebiete? Vielleicht hatte der Autor keine Lust mehr über die prächtigen Gräber zu schreiben? Oder er war einmal da und wurde tatsächlich von Geistern ausgeraubt? Das Empfinden und die Statistik gehen oft verschiedene Wege.

Kommen Sie am besten persönlich vorbei und überzeugen sich selbst!

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Antek Author
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Kommentare(2)

  1. Das ist mit einer der Gründe warum ich mich in Krakau so wohl fühle. Als Berliner bin ich was dieses Thema angeht in den letzten Jahren zunehmend sensibler geworden, denn gerade die Anzahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen auf Straßen, Wegen und Plätzen hat sich von 2016 auf 2017 nochmals um 16,7% erhöht. Durch einige Parks wie den Görlitzer Park, die Hasenheide aber auch den Tiergarten sollte man nachts besser gar nicht mehr laufen und das überall offen mit Drogen gehandelt wird ist in Berlin inzwischen vollkommen normal. Ich finde diese Entwicklung furchtbar und vielleicht versteht ja jemand dass ich keinen Weihnachtsmarkt besuchen mag wenn er mit Betonsperren eingezäunt ist, um LKW Anschläge zu verhindern. Ein jüdisches Festival wie in Kazimierz wäre in Berlin ohne Polizeiaufgebot auch nicht möglich usw.. Ich beneide die Polen sehr um das Sicherheitsgefühl in den Städten und auch überall sonst. In Deutschland ist das wohl in Teilbereichen für immer verloren 🙁

  2. sehr guter artikel. kann ich zustimmen.warschau is sicher !

Kommentare

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