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Neonazis in Polen. Dümmer als die Staatsanwaltschaft erlaubt

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Neonazi in Polen – das klingt unglaublich und verursacht hierzulande entsprechend große Aufregung. In Polen herrscht in den Medien und am politischen Rednerpult aktuell große Aufregung. Angefangen hat alles mit einer Reportage des Privatsenders TVN24, dessen Reporter mit einer versteckten Kamera an einer Nazi-Feier teilgenommen haben. Ein Hitler-Altar, ein brennendes Hakenkreuz und Sieg-Heil-Rufe mitten in Polen. Der Staatsanwaltschaft hat das gar nicht gefallen. Der Generalstaatsanwaltschaft ist auch zeitgleich der Justizminister. Die Reaktion folgte prompt.  

Eine verkehrte Welt

Es stellt sich jedem Polen und vielen anderen, die etwas über das menschenverachtende nationalsozialistische System wissen, die Frage, wie man in einem Satz „Für Hitler und unser Vaterland, unser geliebtes Polen (Za Hitlera i naszą ojczyznę, ukochaną Polskę)“ aussprechen kann. Da müssen die Synapsen durch eine Fehlleitung der Hormone mächtig durcheinander geraten sein. Adolf Hitler ist verantworlich für 6 Millionen ermorderte Polen während des 2. Weltkrieges und man weiß nicht, ob man weinen oder lachen soll, wenn jemand sowohl ihn als auch Polen in einem Atemzug verehrt.

Die Verwirrten

Die Reporter des privaten Senders TVN24 gelangten ganz nah an die Gruppe einer polnischen Nazigruppe. Sie organisieren sich seit 2011 im Verein Stolz und Fortschrittlichkeit (Duma i Nowoczesność) in der kleinen Stadt Wodzisław Śląski (dt. Loslau) in der Wojewodschaft Schlesien, ca. 50 Kilometer südwestlich von Katowice (dt. Kattowitz) entfernt. Das wichtigste Ereignis des Vereins ist die Survival-Meisterschaft mit dem Motto „Überleben, um zu siegen (Przetrwać, by zwyciężyć)“.

Im März 2017 fand im Dorf Grodziszcze ein Konzert mit nationalsozialistischer Musik statt, welches die Reporter mit einer versteckten Kamera filmten. Es muss ein eigenartiges Gefühl gewesen sein, wenn man in Polen Menschen trifft, die sich mit dem Hitlergruß begegnen und auf ihren Körpern klar Hakenkreuze und SS-Symbole zu sehen sind.

Im Mai 2017 wurden die Reporter vom Vereinsvorsitzenden zudem zur 128. Geburtstagsfeier zu Ehren Adolf Hitlers eingeladen. Die Feier fand auf einem Hügel in einem Wald nahe des Vereinssitzes statt. Schon von weitem konnte man die roten Nazi-Flaggen sehen und aus den Boxen ertönte Marschmusik. Auf einem Altar stand ein schwarz-weisses Bildnis des psychisch-kranken Gründers der NSDAP. Zusätzlich brannte ein Hakenkreuz, an welchem man fröhliche Fotos schoss. Die Teilnehmer trugen Wehrmachtsuniformen, der Vorsitzende sogar eine SS-Uniform. Hier nun wurde lautstark „Für Hitler und unser Vaterland, unser geliebtes Polen (Za Hitlera i naszą ojczyznę, ukochaną Polskę) gerufen. Anschließend teilte man sich eine Torte in den Farben des 3. Deutschen Reiches. Ein Teilnehmer sprach „Ich will einen Toast ausbringen, für uns alle hier versammelten, für Adolf Hitler, für unser geliebtes Polen und für uns selbst. Ein dreifaches Sieg-Heil.“

Da fehlen einem die Worte.

Der Aufschrei

Am 20. Januar wurde die Reportage ausgestrahlt. Es dauerte nicht lange und der Aufschrei in den polnischen Medien und auch in der Politikwelt war überall zu hören. Der Justizminister und Oberstaatsanwalt Zbigniew Ziobro beauftragte die Regionale Staatsanwaltschaft in Katowice sich der Sache anzunehmen. Es handele sich hierbei um das öffentliche Verbreiten von Faschismus oder anderer totalitärer Systeme sowie des verbotenen Besitzes von Gegenständen solcher Symbolik durch den Verein Stolz und Fortschrittlichkeit.

Der Premierminister Mateusz Morawiecki twitterte auf seinem Profil, dass „die Verbreitung von Faschismus oder anderer Totalitarismen nicht nur nicht im Einklang mit dem polnischen Recht steht. Vor allem tritt man das Andenken unserer Vorfahren und deren heldenhaften Kraftakt im Kampf um ein gerechtes Polen frei von Hass mit Füssen. Es gibt keine Zustimmung für ein solches Verhalten und die Symbole.“

Der Parteivorsitzende der systemkritisichen Kukiz15 Paweł Kukiz schimpfte im Parlament hingegen, dass er den ganzen Aufschrei nicht verstehen kann. Da sieht man solche Filme, es ist alles eindeutig und erfordert keiner weiteren Diskussion. Man solle die Leute einfach suchen und einsperren.

Auch das restliche Polen ist sich hier sehr einig, dass die Nazis eingesperrt werden sollten. Doch interessant sind bei diesen Diskussionen die weiterführenden Themen. Hier einige Kommentare aus dem Internet:

Das Gesamtbild: alle sind sich einig, dass diese Leute eingesperrt werden sollen, alle berufen sich auf den polnischen Widerstand während des 2. Weltkrieges. Ansonsten versucht man, abhängig von seiner politischen Vorliebe, die politischen Gegner in den selben Topf  zusammen mit den Verirrten zu werfen. Hoffentlich kommt bei diesen Diskussionen etwas konstruktives heraus.

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Lesen Sie auch – Mateusz Morawiecki. Polens neuer Ministerpräsident.


Beitragsbild: Dem steht die Dummheit ins Gesicht geschrieben / Last Hero [CC BY-SA 2.0]

Antoni Administrator
Europäer mit polnischem Herz und deutschem Hirn! Eigentümer des Touristikunternehmens Walking Poland Group, lizenzierter Stadtführer in Warschau, Fotograf, Jurist (1. Staatsexamen), Redakteur
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Antoni Administrator
Europäer mit polnischem Herz und deutschem Hirn! Eigentümer des Touristikunternehmens Walking Poland Group, lizenzierter Stadtführer in Warschau, Fotograf, Jurist (1. Staatsexamen), Redakteur

Kommentare(3)

  1. Ich finde es ist nicht relevant an dieser Stelle wie viele Menschen auf dem Bild zu sehen sind…….auch, wenn es nur einer wäre, ist es ein Grund, dieses öffentlich zu machen! In den heutigen Zeiten sollte man nicht warten, bis aus eins zwei wird……

  2. Ich seh nur einige wenige Figuren. Ist es sicher, daß das kein Familienfest ist?
    Daß das inszeniert sein könnte, ist ganz ausgeschlossen?
    In der BRD haben linke Journalisten (, die mit Lenin und Stalin wenig Probleme hatten,) aus Verzweiflung solche Feste auch selbst gefingert. Gab viel Geld von den Medien und viel Anerkennung. Bis es rauskam …
    Dumme Jungs und Mädels sind auch in Polen für wenig Geld zu kaufen …

  3. Faschismus ist offensichtlich eine Geisteskrankheit, durchaus ansteckend. Es befällt sogar die, deren Eltern darunter gelitten haben. Die, deren Familien durch faschistischen Mörderbanden Familienmitglieder verloren haben. Menschen, die davon befallen sind, verlieren jeden Bezug zu Realität und Menschlichkeit. Wer glaubte, nach 1945 ist der Faschismus gestorben, sieht sich getäuscht. Genau so wie Pest und Syphilis kommt er auch zurück. Gefängnis ist, glaube ich nicht der richtige Ort. Da es sich um eine Geisteskrankheit handelt. Da diese Menschen zu Gewalt neigen und ausüben, ist die Psychiatrie der richtige Ort, zur dauerhaften Verwahrung.
    Ach ja, die katholische Kirche hat sich damals auch sehr unrühmlich verhalten. Man kungelt halt lieber mit den Mächtigen. Und ob das nicht schon schlimm genug wäre, half man dann auch noch den größten Kriegsverbrechern und Massenmördern zur Flucht. Auch heute noch, so ist jedenfalls mein Eindruck, arrangiert sich die katholische nicht ungern mit faschistischen Diktaturen.

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